Montag, 29. Dezember 2014

Finden, was man nicht sehen kann - mit Lupen, die man nicht bauen kann

Kennt ihr das, wenn einem irgendetwas oder irgendjemand die Sicht verstellt? Ihr seid bei einem Konzert, steht in der Menge und ärgert euch, weil ihr einfach nicht an eurem Vordermann vorbeischauen und nur selten einen längeren Blick auf die Lieblingssängerin auf der Bühne werfen könnt? Ihr wollt die Auslage eines Geschäfts auf der anderen Straßenseite betrachten, seht sie aber nicht, weil die Straßenbahn gerade davor hält? Ihr sitzt in einem Klassenzimmer oder Seminarraum und könnt einfach nicht lesen, was auf der Tafel steht, sondern nur den T-Shirt-Spruch des Kollegen in der ersten Reihe?

Zumindest mir ist es schon oft so ergangen. Und niemals hätte ich mir (vor meiner Beschäftigung mit der Physik) gedacht, dass es im Prinzip eine Möglichkeit in der Natur gibt, Objekte zu sehen, die von anderen verdeckt werden. Das Phänomen, welches ich hier meine, nennt man Gravitationslinseneffekte. Es handelt sich um einen im Grunde relativ simplen, aber dennoch sehr verrückten Mechanismus, von dem es verschiedene Varianten gibt. Zwei dieser Varianten, nämlich den starken und den schwachen Gravitationslinseneffekt, werde ich heute kurz vorstellen. Eines kann ich euch gleich jetzt verraten: Die tatsächlichen Bilder von astronomischen Beobachtungen sind beeindruckend und faszinierend!

Sonntag, 30. November 2014

Vom Apfelstrudel und dem Universum – die großartigste Geschichte


Apfelstrudel.

Was benötigen wir, um einen Apfelstrudel zuzubereiten? – Äpfel, das ist klar. Außerdem brauchen wir Zutaten, wie z.B. Mehl, Zucker, Butter, Eier, Backpulver, Rosinen (oder keine Rosinen – ein ewiger Disput),…
Wo kommen die Äpfel her? – Oh, ich weiß schon: vom Apfelbaum.
Der Apfelbaum, wiederum, ist angewiesen auf ausreichend Wasser, Erde, Luft und Sonnenlicht, nicht zu vergessen eine intakte “Anleitung” für seine Entwicklung und Funktionsweise in Form von DNA.
Woraus bestehen Wasser, Erde, Luft und DNA? – Hmm…schon etwas kniffliger, aber auch darauf habe ich eine Antwort: aus Molekülen.
Also gut, was braucht man nun, um Moleküle zu bilden? – Atome.
Und woraus bestehen Atome? – Die setzen sich aus Protonen und Neutronen (“Atomkernmaterial”) und Elektronen (“Atomhüllenmaterial”) zusammen.
Ein Apfelstrudel bedarf also, streng genommen, nichts weiter als einer ganzen Menge subatomarer Teilchen.

Doch woher kommen diese Teilchen? Wie sind all die Atome des Apfelstrudels entstanden?

Um diese Fragen soll es im Rest dieses Artikels gehen. Wie in meinem letzten Beitrag versprochen, möchte ich euch im Rahmen ihrer Beantwortung eine der faszinierendsten Geschichten näherbringen, die wir Menschen durch die bisherige wissenschaftliche Erforschung der Welt zu erzählen gelernt haben. Dabei werden wir sehen, auf welche fundamentale Weise jeder einzelne von uns mit dem Rest des Universums in Verbindung steht.

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Sonntag, 10. August 2014

Das Universum im Duschwasser

Wirbel in einer Wasserflasche.
(Credit: Robert D Anderson,
via Wikimedia Commons)
Wisst ihr, was eines der schönsten und reizvollsten Dinge an der Physik ist? - Ihre Gesetze gelten überall, sei es hier auf der Erde oder am anderen Ende des Universums (1), sei es gestern, heute oder in der Zukunft (2), sei es im kleinen Maßstab oder im großen. Genau diese Tatsache soll durch die Legende von Newton veranschaulicht werden, als ihm anscheinend ein Apfel auf den Kopf fiel und er erkannte, dass die selben Gesetze, die dessen Bewegung beschreiben, gleichermaßen für die Planetenbahnen gelten.

Ich möchte heute ein Beispiel dafür geben, wie die physikalischen Gesetze sowohl auf kleine als auch auf große Phänomene anwendbar sind: Wir werden das Wasser im Abfluss unserer Dusche betrachten und versuchen, Parallelen zu physikalischen Vorgängen auf viel größeren Skalen herzustellen, wobei wir sehen werden, dass unsere Beobachtungen schließlich überhaupt nichts mit dunkler Materie zu tun haben, wir daraus aber dennoch eine Menge lernen können.
Bereits verwirrt? - Dann lasst uns das ganze nochmal Schritt für Schritt durchgehen!

Mittwoch, 30. Juli 2014

Wisst ihr, was das Erstaunliche an der Welt ist?

Eine Erkenntnis, welche unsere Leben für immer veränderte. Ein Gedanke, der uns in einer komplexen, oft nur schwer begreifbaren Welt Hoffnung schöpfen lässt. Eine Einsicht, so bedeutend und folgenreich, dass sie als eine der größten Errungenschaften menschlichen Geistes zu bezeichnen nur angemessen ist.

Der folgende Text ist der Beginn meines ersten Beitrags für das Online-Magazin "Kirtag" - ein ambitioniertes Projekt aus meiner Heimatgegend. Da ich nun offiziell zum Kirtag-Team dazugehöre, werden dort auch in Zukunft immer wieder Artikel von mir zu sehen sein.

Viel Vergnügen beim Lesen!


Wir befinden uns in der Mitte eines kleinen, überschaubaren Universums. Auf einer begrenzten Scheibe versuchen wir, uns so recht und schlecht ein angenehmes Leben einzurichten. Jeder unserer verantwortungsvollen Kapitäne hat es im Gefühl, wann er sein Schiff wenden und wieder zum Heimathafen steuern soll. Freilich, manch einen juckt es schon, einmal den Rand kennenzulernen und darüber hinauszuschauen. Aber man hat uns ja „wissen“ lassen: Kommt man an Grenzen, tun sich Abgründe auf. Ach, du lieber Gott! Es ist ein Kreuz mit dem Ende der Welt. Und eines weiß man selber ganz sicher: Man will um alles auf der Welt nie eine Kreuzschifffahrt mitmachen müssen…

Es ist tatsächlich noch gar nicht allzu lange her, dass man so über die eigene Existenz gedacht hat, und es ist erstaunlich, dass es diese Einstellung mancherorts noch immer gibt. (Da meine ich aber nicht, dass eine Kreuzschifffahrt zum Speiben ist.)

Nun gut, den „Rand“ der Welt – die Grenze des uns Bekannten – erweitern wir mit jedem Tag: Unser Wissen wächst seit dem Babyalter, sei es im individuellen Fall oder in jenem der gesamten Menschheit.
Obwohl wir bis heute erstaunlich viel über die Welt gelernt haben,... Weiterlesen »
 

Samstag, 7. Juni 2014

Wie schnell ist das Zeug in unseren Lungen? (Whiteboard-Skizze III)

Wir können es nicht direkt sehen, schmecken, riechen, hören oder anfassen - dennoch wissen wir, dass es uns permanent umgibt, uns einhüllt, wir nicht viel anderes vollbringen können als Tag für Tag am Grund seines "Ozeans" einen Fuß vor den anderen zu setzen, mit jedem Schritt erneut versuchend, der natürlichen, zum Erdkern gerichteten Kraft etwas entgegenzusetzen, um nicht hinzufallen, während sein unvorstellbares Gewicht von oben auf unsere Schultern drückt und es - spürbar durch ein leichtes Streichen übers Gesicht - unsere Vorwärtsbewegung erschwert.

So unantastbare, möglicherweise sogar betrüblich wirkende Effekte dieses Etwas auf uns auch zu haben scheint, so essentiell ist es für unsere Existenz und die jeglicher anderen Lebensformen auf unserem Planeten.

Sonntag, 25. Mai 2014

Wie schnell müsste man auf eine rote Ampel zufahren, damit diese grün wird? (Whiteboard-Skizze II)

Werner Heisenberg wird von einem Polizisten aufgehalten, weil er mit seinem Auto zu schnell unterwegs war.
Der Polizist: "Mein lieber Herr, wissen Sie eigentlich, wie schnell sie gefahren sind?"
Heisenberg: "Nein, denn es ist mir wichtiger zu wissen, 'wo' ich bin."
Zu diesem mehr oder weniger bekannten Physiker-Witz, der auf die Heisenberg'sche Unbestimmtheitsrelation anspielt, kommt heute eine weitere physikalische "Ausrede" für Verletzungen der Straßenverkehrsordnung, für die Polizisten vermutlich auch kein offenes Ohr haben - berechtigterweise.

Samstag, 10. Mai 2014

Sinne der Curiosity IV - Den Mars fühlen

In dieser kurzen Artikelserie stelle ich die zehn wissenschaftlichen Instrumente des Mars-Rovers namens Curiosity vor, der seit 2012 auf der Marsoberflächt rollt und uns täglich mit faszinierenden Bildern, Daten und Erkenntnissen versorgt.
Im ersten Teil habe ich neben ein paar allgemeinen Worten über dieses Mars Science Laboratory die Kameras "MastCam", "MAHLI" und "MARDI" beschrieben - es ging also darum, wie Curiosity den Mars "sieht."
Im zweiten Teil waren die Spektrometer namens "APXS", "ChemCam", "CheMin" und "SAM" an der Reihe. Mit diesen Instrumenten kann Curiosity Marsmaterial "schmecken".
Der vorhergehende, dritte Teil beschäftigte sich mit den Strahlungsdetektoren "RAD" und "DAN" an Bord des Rovers. Ich ordnete Curiosity durch diese Geräte (etwas willkürlich) einen Hörsinn zu.

Der heutige Artikel stellt den letzten Teil der Serie dar. Nun fehlt uns nur noch ein wissenschaftliches Instrument - nämlich des Rovers hauseigene Wetterstation namens "REMS".

Samstag, 3. Mai 2014

Gedanken zur Tschernobyl-Katastrophe (2/2)

Dieser Artikel ist die Fortsetzung eines einleitenden Artikels zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, in welchem der Unfall, seine Ursachen und ein paar seiner Konsequenzen knapp besprochen wurden. Für das generelle Verständnis des heutigen Artikels ist der erste aber nicht essentiell.

Können wir nach allem, was passiert ist (die Tschernobyl-Katastrophe ist ja nur einer von mehreren Unfällen - wenn auch einer der bislang größten), überhaupt noch Argumente für die Energiegewinnung durch Kernkraft finden?

Samstag, 26. April 2014

Gedanken zur Tschernobyl-Katastrophe (1/2)

Sei es aus eigener Erfahrung oder aus Erzählungen - die meisten von uns wissen wohl, dass sich vor nicht allzu langer Zeit ein schwerer Unfall im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl zutrug. Genauer gesagt ereignete sich die Katastrophe heute vor 28 Jahren, am 26. April 1986.


Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl im Jahr 2006.
(Credit: Carl Montgomery, via Wikimedia Commons)

Was ist bei diesem Unfall eigentlich passiert? Warum ist es überhaupt so weit gekommen? Hätte er sich vermeiden lassen? Konnten wir aus diesen Ereignissen etwas lernen?


Bereits oft habe ich Menschen getroffen, die sich Antworten auf diese Fragen zutrauten. Dabei variierte der inhaltliche Gehalt und der Detailgrad dieser Antworten erheblich. Manchen genügte die simple Meinung "Da ist das Atomkraftwerk explodiert, halb Europa war dann verstrahlt und wahrscheinlich war das alles sowieso nur eine Frage der Zeit, bis wir zu spüren bekommen, dass wir von dieser unkontrollierbaren Technologie die Finger lassen sollen!" - andere verspürten durchaus den Drang, etwas weiter in die Details und Subtilitäten des Unfalls einzutauchen und wussten auch bereits, dass es grundlegend verschiedene Typen von Reaktoren gibt, dass zahlreiche Betriebsfehler und Regelverletzungen letztendlich zum Unfall von Tschernobyl führten und dass man, um sie vollständig zu begreifen, diese Katastrophe nicht nur im technologischen Rahmen, sondern auch im politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmen betrachten muss. Fast alle Antworten, die ich hörte, waren allerdings lückenhaft oder verdrehten die Fakten.

Mittwoch, 16. April 2014

Die Zeit vergeht und mir macht das Bloggen Spaß

Mein Blog hat Geburtstag.
Oder sollte ich vielleicht besser sagen, er ist nun schon ein Jahr alt? - Auch das würde nicht ganz genau auf den Tag stimmen. Ich weiß ja außerdem gar nicht mal genau, an welchem Tag ich das Blog offiziell eröffnet habe.
Lasst es mich also mal vorsichtig formulieren: Ich blogge nun etwa seit einem Jahr und möchte die Gelegenheit nutzen, um mich erneut bei meinen fleißigen Leserinnen und Lesern zu bedanken, die von Anfang an dabei bzw. später dazugestoßen sind.
(Zumindest beim letzten Teil des vorhergehenden Satzes bin ich mir völlig sicher! ;-) )

Montag, 14. April 2014

Sinne der Curiosity III - Den Mars hören

In dieser kurzen Artikelserie stelle ich die zehn wissenschaftlichen Instrumente des Mars-Rovers namens Curiosity vor, der seit 2012 auf der Marsoberfläche rollt und uns täglich mit faszinierenden Bildern, Daten und Erkenntnissen versorgt.
Im ersten Teil habe ich neben ein paar allgemeinen Worten über dieses Mars Science Laboratory die Kameras "MastCam", "MAHLI" und "MARDI" beschrieben - es ging also darum, wie Curiosity den Mars "sieht".

Freitag, 4. April 2014

Alltagsphänomen: Suppenkühlmechanismus

Jeder kennt es, jeder macht es: Ist die Suppe zu heiß, bläst man darauf und die Suppe kühlt ab - wenn auch meistens langsamer als man sich es wünscht.
So wie bei auch allen anderen Dingen im Leben, kann ich wieder einmal empfehlen, die einfache und so erkenntnisbringende Frage zu stellen: Warum? - Warum wird die Suppe kälter, wenn ich darauf blase?

Samstag, 22. März 2014

Sinne der Curiosity II - Den Mars schmecken

In dieser kurzen Artikelserie stelle ich die zehn wissenschaftlichen Instrumente des Mars-Rovers namens Curiosity vor, der seit 2012 auf der Marsoberfläche rollt und uns täglich mit faszinierenden Bildern, Daten und Erkenntnissen versorgt.
Im vorhergehenden, ersten Teil habe ich neben ein paar allgemeinen Worten über dieses Mars Science Laboratory die Kameras "MastCam", "MAHLI" und "MARDI" beschrieben - es ging also darum, wie Curiosity den Mars "sieht".
Heute sind die eingebauten Spektrometer dran...

Samstag, 15. März 2014

Wie man um Ecken sehen kann

Vor wenigen Tagen wurde die Verkündung einer großen Entdeckung ("major discovery") im Rahmen einer Konferenz am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics angekündigt. Worum es sich bei dieser Entdeckung genau handelt, wurde bisher verschwiegen.
Natürlich brodelt die Physiker-Gerüchteküche und es wird z. B. vermutet, dass die Konferenz mit einem gelungenen Nachweis von Gravitationswellen zu tun haben könnte. Das wäre natürlich ein herausragendes und spannendes Ergebnis!
Doch ich will hier eigentlich keine Vermutungen über das Thema der Konferenz am Montag anstellen, sondern die Gelegenheit nutzen, um über einen ungewöhnlichen Aspekt der speziellen Relativitätstheorie zu schreiben. (Die Gravitationswellen-Spekulationen der letzten Tage haben mich wohl auf diese Idee gebracht.)

Samstag, 8. März 2014

Schwerelos am Äquator (Whiteboard-Skizze I)

Die Erde rotiert momentan in etwa 24 Stunden ein Mal um ihre eigene Achse, wodurch Tag und Nacht entstehen. Genauso wie auf einem Karussell werden ihre Bewohner (und übrigens auch alles Material der Erde selbst) durch die Fliehkraft bzw. die Zentrifugalkraft "nach außen" gedrückt. Auf uns wirkt aufgrund der Erddrehung also ständig eine Kraft "nach oben". Allerdings ist die Zentrifugalkraft um einiges schwächer als die zum Erdkern gerichtete Zentripetalkraft, also die gewohnte Schwerkraft bzw. Gravitation - wäre dies nicht so, könnten wir uns nur schwer auf dem Erdboden halten. (Auch der Erdboden könnte sich nicht "auf dem Erdboden" halten und würde ins All geschleudert werden.)

Samstag, 22. Februar 2014

Mini-Satelliten für alle

Zwei CubeSats werden von der Internationalen Raumstation in den Orbit entlassen.
(Credit: NASA)

Vor einigen Tagen, am 11. Februar, hat die Internationale Raumstation (ISS) damit angefangen, kleine Satelliten auszuspucken und in die Schwerelosigkeit zu entlassen. Dabei handelt es sich aber keineswegs um ein Missgeschick, sondern um ein recht interessantes Projekt von "Planet Labs", welches die Platzierung einer Flotte von 28 Mini-Satelliten namens Flock-1 in einem niedrigen Erdorbit vorsieht. Die individuellen Satelliten werden dabei übrigens als Doves bezeichnet und sind vom Satelliten-Typ CubeSats.

Freitag, 14. Februar 2014

Sinne der Curiosity I - Den Mars sehen

Vielleicht könnt ihr euch noch erinnern, wie der Rover namens Curiosity damals auf dem Mars gelandet ist. Es war eine spektakuläre Landung, denn sie war völlig neu in ihrer Art.
Freude und Erleichterung waren enorm im Kontrollraum des NASA Jet Propulsion Laboratory, als Curiosity das erste Bild zur Erde schickte, welches zeigte, dass ihre Räder sicher auf dem Marsboden stehen. Seitdem rollt das sog. Mars Science Laboratory (MSL) munter auf unserem Nachbarplaneten, sammelt Daten, schickt uns faszinierende Bilder und ermöglicht uns tiefe Einblicke in Geschichte und Gegenwart des Mars.

Sonntag, 9. Februar 2014

Die Badezimmer-Waage in der Erdumlaufbahn

Man kann auf der Internationalen Raumstation (ISS) nicht einfach schnell einkaufen gehen, wenn das Essen knapp wird - Gründe dafür sind hauptsächlich logistischer Natur. Die Nahrung muss mit Raumfahrzeugen in die Erdumlaufbahn geliefert werden, was dazu führt, dass sie im Vorhinein haltbar gemacht werden muss und nur in begrenzter Menge vorhanden ist. Zwar ist das Essen auf der ISS ausgesprochen gut, wie viele Astronauten sagen, dennoch besteht keine Gefahr, im Orbit übergewichtig zu werden und nicht mehr in den eigenen Raumanzug zu passen. Vielmehr müssen Astronauten darauf achten, nicht zu viel Körpermasse abzubauen: Muskeln, die in der Schwerelosigkeit kaum beansprucht werden, bauen sich schnell ab, und auch die Knochendichte der Astronauten nimmt nach längerem All-Aufenthalt nachweislich ab.

Mittwoch, 22. Januar 2014

BMX-Tricks auf einem fahrenden LKW? - Die Physik ist auf eurer Seite!

Momentan verbringe ich ja wieder einmal viel Zeit in der Universität und besuche dementsprechend oft die Mensa in der Mittagspause. Dort gibt es nicht nur Fenster und Essen, sondern auch die Möglichkeit, für einen Moment vom Uni-Alltag abzuschalten. Dass ich aber gerade an diesem Ort auf die Grundlage von Albert Einsteins spezieller Relativitätstheorie treffe, damit habe ich nicht gerechnet.

Nun gut, zugegebenermaßen liegt das wahrscheinlich hauptsächlich daran, dass ich in der Uni meistens den Kopf mit Physik vollgestopft habe und sich viele in der gleichen Situation wohl eher auf das Gulasch am Teller konzentrieren wollen. Wie auch immer, ich möchte hier kurz ein paar Wörter zur Relativitätstheorie erzählen und erklären, warum man diese derzeit in der Mensa antrifft.

Konkret geht es um dieses Video eines BMX-Fahrers, welches momentan in den Uni-Screens zu sehen ist:


Im Video sieht man einen BMX-Fahrer, der ein paar Tricks in einer Halfpipe (Oder nennt man das Ramp? Oder ganz anders? ...ich bin kein BMX-Experte!) macht, während ein LWK mitsamt der Halfpipe in der Stadt umherfährt. "Ziemlich eindrucksvoll" dachte ich mir im ersten Moment!

Doch wenn man von der psychischen Überwindung absieht, die vermutlich notwendig ist, wenn man als Biker in diese fahrende Halfpipe springt, und auch davon absieht, dass die Tricks und die sportliche Leistung wirklich beeindruckend sind, dann wirkt die ganze Showeinlage nach kurzer Überlegung gar nicht weiterhin spektakulär - zumindest nicht aus physikalischer Sicht.

Wie sich herausgestellte, sind die physikalischen Gesetze in jedem gleichförmig bewegten Bezugssystem gleich. Ob man als BMXler nun in einer normalen ("stationären") Halfpipe trickst, oder ob man das auf einer Halfpipe macht, die sich gleichförmig bewegt, macht keinen Unterschied. Die Physik ist die gleiche, man spürt keinerlei zusätzliche Kräfte oder Beschleunigungen, wenn man seine Stunts auf einem fahrenden LKW macht. Tatsächlich könnte man nicht einmal feststellen, ob man sich bewegt, falls sich die Halfpipe in einem großen, fensterlosen Container befinden würde. Jedes Bezugssystem ist gleichberechtigt - in jedem System herrscht die gleiche Physik mit all ihren Gesetzen! Mit diesen Worten kann man ganz grob dieses sogenannte Relativitätsprinzip beschreiben.

Der BMX-Fahrer im Video ist also ein anschauliches Beispiel für die Gültigkeit des Relativitätsprinzips!

Natürlich gilt das ganze nur für diejenigen Bezugssysteme, die keine Beschleunigung erfahren. Gibt der LKW Gas, bremst er oder ändert er seine Fahrtrichtung während der Biker gerade in der Luft ist, wird dieser es natürlich sofort zu spüren bekommen. Spätestens dann, wenn ihm der LKW unter den Rädern wegfährt, wird er merken, dass die Physik von gleichförmig bewegten Bezugssystemen nicht mehr wie gewohnt funktioniert.
(Außerdem wird der unangeschnallte Fahrgast in der Halfpipe immer mehr Luftwiderstand spüren, je schneller sich der LKW bewegt. Auch in diesem Fall könnte er Rückschlüsse auf seinen Bewegungszustand ziehen, selbst wenn er die Augen verbunden hätte. Doch wie man im Video sieht, rollt der LKW langsam, sodass man einen zusätzlichen Einfluss des Luftwiderstandes getrost vernachlässigen kann.)

Interessant ist, dass man aus diesem Relativitätsprinzip zentrale Aussagen der speziellen Relativitätstheorie herleiten kann - nämlich den berühmten Gamma-Faktor (bzw. für Physiker: der γ-Faktor). Dieser ist dafür verantwortlich, dass die Zeit in sich relativ zu einem Beobachter bewegenden Bezugssystemen langsamer vergeht oder die Längen von sich relativ bewegenden Dingen in Bewegungsrichtung verkürzt wird.

Ich will an dieser Stelle gar nicht weiter ausschweifen und den γ-Faktor und die damit verbundenen Phänomene der Zeitdilatation oder der Lorentzkontraktion erklären, sondern stattdessen auf ein paar Videos des großartigen YouTube-Channels Sixty Symbols verweisen, wie z.B. dieses hier.

Mit etwas Neugier, Interesse und Übung kann man also an jedem Ort ein Stück faszinierender Physik finden. Das heißt nicht gleichzeitig, dass einem das Gulasch deshalb nicht mehr schmecken kann - ganz im Gegenteil: Man erkennt, dass das Gulasch unverändert gut schmecken würde, selbst wenn die gesamte Mensa gleichförmig durch die Stadt fahren würde. (Dennoch würde ich natürlich kritisch sein und eine fahrende Mensa zuerst auf physikalischen Gehalt überprüfen!) ;-)