Samstag, 29. Juni 2013

Entwicklung der Quantenphysik VI: Grenzen der Bestimmbarkeit

Mittlerweile ist einige Zeit vergangen, seit ich den letzten Artikel zur Entwicklung der Quantenphysik geschrieben habe. Doch hier und jetzt geht's weiter! ;-)

Nachdem Planck seine Quantenhypothese aufgestellt hatte, mit der die Strahlung eines idealen schwarzen Körpers beschrieben werden kann, Einstein den photoelektrischen Effekt mit Hilfe eines Modells erklärt hatte, dessen Grundlage die gequantelte Struktur von Licht ist, de Broglie herausgefunden hatte, dass traditionelle "Teilchen" mit Welleneigenschaften versehen werden können und Born letztendlich die Materiewelle, die "Teilchen" (wie etwa Elektronen) mathematisch beschreibt, als eine Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion interpretiert hatte, die die Wahrscheinlichkeit bestimmt, das Teilchen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort vorzufinden, werden wir uns heute mit einer Konsequenz dieser Wellenbeschreibung von Materie beschäftigen, deren "Name" vergleichsweise große Berühmtheit erlangte: die Heisenberg'sche Unbestimmtheitsrelation.


(Falls jemand die vorhergehenden Artikel dieser Serie noch nicht gelesen hat - hier sind sie zu finden!)


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Die Unbestimmtheitsrelation, welche vom Physiker Werner Heisenberg formuliert wurde, stellt nichts anderes als eine logische Konsequenz aus der Beschreibung von Materie durch Wellenfunktionen dar.
Man geht nämlich von einem Wellenpaket aus, welches ja eine Überlagerung von ebenen Wellen darstellt. (Zur Erinnerung: Die mathematische Beschreibung eines Teilchens in diesem Kontext erfolgt durch ein sog. Wellenpaket, wie ich im fünften Teil der Serie beschrieben habe.) Wenn man die Breite des Wellenpakets - nennen wir diese Breite Δx - dort definiert, wo die Funktion auf den 1/√e-fachen Wert abgesunken ist, und die Breite der Amplitudenverteilung zwischen den verschiedenen Wellenzahlen k mit Δk bezeichnet wird, so kommt man nach ein bisschen Rechnerei (die ich hier bewusst nicht anführe) auf die Beziehung
Δx·Δk=1.

Das Produkt aus räumlicher Breite (Δx) des Wellenpakets und der Breite des Intervalls der Wellenzahlen (Δk) der Materiewellen, die das Wellenpaket bilden, ist gleich 1.

Interessant daran ist, dass man diese Beziehung bereits aus der Optik kannte. Sie stellt in diesem Sinne keine neue Erkenntnis dar.
Diese Parallelen zwischen der damals neuen Art der Teilchenbeschreibung und der Optik sind natürlich kein Zufall! Es ist relativ einleuchtend, dass aus der Optik bekannte Beziehungen in der Beschreibung von Materie auftauchen - aus dem einfachen Grund, weil man ja Teilchen durch Wellen beschreibt und Licht nichts anders ist als elektromagnetische Schwingungen (=Wellen). Es wird also die gleiche Mathematik für beide Beschreibungen verwendet!

Die Bedeutung der Gleichung Δx·Δk=1 für die Quantenmechanik wird deutlich, wenn man die de Broglie-Beziehung für den Impuls eines Teilchens (p=ħk) einsetzt. Man erhält Δx·Δp=ħ. Heisenberg zeigte, dass für Teilchen allgemein gilt, dass dieses Produkt aus der Unbestimmtheit Δx der Ortsbestimmung und der Unbestimmtheit des Impulses Δp immer größer oder gleich ħ ist. (ħ ist dabei das Planck'sche Wirkungsquantum h dividiert durch 2π.)

Die bekannte Form der Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation lautet also somit
Δx·Δp≥ħ.
Friedrich Hund, Werner Heisenberg und Max Born, Februar 1966 in Göttingen.
(Credit: GFHund, via Wikimedia Commons)


In Worten besagt diese Relation in etwa, dass man Ort und Impuls eines Teilchens gleichzeitig nicht mit beliebiger Genauigkeit messen kann, auch wenn man über die besten Messgeräte verfügt, die man sich vorstellen kann. Die Natur zwingt uns Grenzen auf!
Doch ħ ist eine unvorstellbar kleine Konstante (≈ 10-34 J·s). Aus diesem Grund beobachten wir die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation im Alltag so selten. Mit anderen Worten: ħ ist so klein, dass es in unserer makroskopischen Welt den Anschein macht, als ob es keine Grenze bei der gleichzeitigen exakten Bestimmung von Ort und Impuls eines Teilchens geben würde.

De facto existiert jedoch eine solche Grenze, auch wenn sie für unsere Sinne sehr leicht zu übersehen ist!
Derek Muller (Veritasium) behandelt in einem seiner (übrigens großartigen und sehr empfehlenswerten) Videos die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation. Dabei macht er diese in einem einfachen Versuch sogar sichtbar!

Lasst euch also  abschließend von diesem Video berieseln: Heisenberg's Uncertainty Principle Explained.
(Im Video wird eine etwas andere Form der Unbestimmtheitsrelation verwendet - nämlich Δx·Δp ≥ h/4π. Der Grund hierfür ist einfach, dass die Breite des Wellenpakets anderes als in meinem Artikel definiert wurde. Für das Verständnis ist dies allerdings kein Problem - wichtig ist nur, dass eine kleine untere Grenze für dieses Produkt aus Ortsunschärfe und Impulsunschärfe existiert!)





Im nächsten übernächsten Artikel wird es dann darum gehen, das einfachste Atom - das Wasserstoffatom - mit den bisherigen Methoden zu beschreiben. Dabei wird ein vereinfachtes Modell eingeführt, welches sich als gute Näherung für viele Zwecke herausgestellt hat.


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