Mittwoch, 24. April 2013

Entwicklung der Quantenphysik I: Einleitung


Spontan habe ich mich dazu entschieden, eine mehrteilige Artikelserie über die Entwicklung der Quantenphysik zu schreiben.
So gut wie jeder hat schon einmal davon gehört, doch da dieses Konzept der Quantenmechanik für uns so unintuitive und den Alltagserfahrungen vollkommen widersprechende Aussagen beinhaltet, ist es den meisten fremd und unverständlich. Schlagwörter wie Schrödingers KatzeHeisenberg'sche Unschärferelation, Quantenteleportation, usw... sind sicher vielen von euch bekannt. Doch diese werden oft missverstanden und falsch interpretiert. Abgesehen davon habe ich oftmals schon Fragen wie "Was ist dieses Quanten-Zeugs eigentlich?", "Warum braucht man das eigentlich?" oder "Kann die Quantenmechanik alles beschreiben?" gehört.
Unter anderem aus diesen Gründen werde ich also einige Artikel - wie viele es werden, weiß ich noch nicht - über die Quantenphysik schreiben. Und wo fängt man am besten damit an? - Genau: Ganz am Anfang...



Alle anderen Artikel dieser Serie sind hier zu finden.


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Was ist die Natur des Lichts?
Diese Frage wurde besonders im 18. Jhdt. heiß diskutiert. Newton und sein Anhänger waren der Meinung, dass Licht aus Teilchen ("Korpuskeln") bestehen musste, während Huygens und andere vom Wellencharakter des Lichts überzeugt waren. Das Teilchenmodell kann die geradlinige Ausbreitung von Licht und Phänomene wie Brechung im klassischen optischen Sinne zufriedenstellend beschreiben. Andererseits versagte es nach damaliger Vorstellung bei der Beschreibung von Interferenzerscheinungen und Beugung - diese Dinge konnten nur durch die Wellentheorie des Lichts erklärt werden. (Dieses Wellenmodell setzte sich auch allmähĺich durch. Nicht zuletzt deshalb, weil Heinrich Hertz die elektromagnetischen Wellen entdeckte und sich herausstellte, dass das sichtbare Licht nichts anderes als eben diese elektromagnetischen Wellen sind.)
Isaac Newton (1689)1
Christiaan Huygens (1671)2



Was ist die Natur des Lichts jetzt aber wirklich?
Laut Quantenphysik sind sowohl Teilchen- als auch Wellenmodell richtig - oder besser gesagt: nicht falsch.
(Wenn man sich mit den Anfängen der Quantenphysik beschäftigt, fällt meistens sofort das Stichwort "Welle-Teilchen-Dualismus". In diesem Absatz geht es genau darum, jedoch werde ich dieses Wort hier nicht verwenden, weil es meiner Meinung nach mehr Verwirrung stiftet als es zum Verständnis beiträgt.)
Die beiden Modelle des Lichts widersprechen einander nicht. (Denn sonst hätten sie nicht so lange nebeneinander bestehen bleiben können.) Vielmehr ergänzen sie einander: Je nachdem, an welcher Eigenschaft des Lichts man mehr interessiert ist, eignet sich das Wellenmodell (Interferenz, Beugung) oder das Teilchenmodell (Absorption und Emission) besser.

Nun ist es allerdings so, dass man damals alle bekannten elektrischen und optischen Phänomene mit Hilfe des Wellenmodells quantitativ richtig beschreiben konnte. Deshalb stellt sich die Frage:

Warum gehörten die alten Theorien überarbeitet und korrigiert?
Naja... natürlich konnte nicht alles mit dem damaligen Wissen erklärt werden - so wie man klarerweise mit dem heutigen Wissen noch nicht alles erklären kann.
Erste Hinweise auf die Notwendigkeit einer Korrektur der kontinuierlichen Energie des elektromagnetischen Felds lieferten theoretische Überlegungen und experimentelle Untersuchungen zur...

Hohlraumstrahlung:
Zuerst überlegen wir uns, wie man am besten irgendeinen Körper realisiert, der ein perfekter Absorber ist - d.h. 100% der einfallenden Strahlung "verschluckt". Dies lässt sich am besten durch einen Hohlraum mit absorbierenden Wänden verwirklichen, der eine möglichst kleine Öffnung hat. Fällt Licht durch diese Öffnung, so wird es im Inneren des Hohlkörpers wild hin- und herreflektiert, bevor es das Loch wieder erreichen kann. Praktisch gesehen kommt Licht, das in so einen Hohlraum fällt, nicht wieder heraus. (Bohrt ein kleines Loch in eine geschlossene Schuhschachtel und schaut hinein - ziemlich finster da drinnen, oder?)
Man kann sagen, dass das Absorptionsvermögen dieses kleinen Loches gleich 1 ist. (D.h. es absorbiert 100% der darauffallenden Strahlung.)
Heizt man die Wände des Hohlraumes auf, so wirkt die Öffnung als eine Strahlungsquelle. Diese Strahlungsquelle hat das größtmögliche Emissionsvermögen, strahlt also von allen Körpern gleicher Temperatur am meisten. Dies kann man durch folgende Überlegung verdeutlichen:
Im thermischen Gleichgewichtszustand müssen Emission und Absorption der Hohlraumwände gleich groß sein. Andernfalls würde sich die Temperatur ändern und dann kann man nicht mehr von einem stationären (= zeitlich unveränderlichen) Zustand sprechen. Das sog. Kirchhoff'sche Gesetz besagt, dass das Verhältnis von (spektralem) Emissions- zu Absorptionsvermögen bei einer bestimmten Frequenz gleich der (spektralen) Strahlungsdichte der Hohlraumstrahlung ist.
E/A=S.
Für einen schwarzen Körper wie unsere kleine Öffnung ist das Absorptionsvermögen A gleich 1, wie wir bereits feststellten. Die zuvor angeführten Gleichung wird (eben wegen A=1) somit zu E=S. Das heißt soviel wie: Das Emissionsvermögen eines schwarzen Körpers ist gleich der Strahlungsdichte der Hohlraumstrahlung.

Übrigens muss die Hohlraumstrahlung auch homogen (unabhängig vom Ort im Hohlraum) und isotrop (unabhängig von der Richtung) sein. Andernfalls könnte man ein Perpetuum mobile zweiter Art bauen, was allerdings den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik widerspricht.


Das war jedoch erst der Anfang!
Im nächsten Teil werden wir mit dem Wissen aus diesem Artikel die Frequenz unserer Hohlraumstrahlung derart erhöhen, dass es zur sog. Ultraviolett-Katastrophe kommt und die Physik versagt.
Einen Ausweg aus diesem Schlamassel liefert uns eine waghalsige Idee von Max Planck, der mit dieser auch den Grundstein zur erfolgreichen Theorie der Quantenmechanik legt.



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1 Sir Godfrey Kneller [Public domain], via Wikimedia Commons
2 Caspar Netscher (circa 1635/1639–1684) [Public domain], via Wikimedia Commons


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